Die Macht der Geschichten: Narrative & Lernkultur

Geschichten haben die Fähigkeit, Informationen zu vermitteln, Emotionen zu wecken und Menschen auf einer tiefen Ebene zu berühren. Ihre Bedeutung für das Lernen ist unbestritten. Welche Rolle aber spielt Storytelling im Bereich Lernkultur? Und inwiefern ermöglicht es Storytelling, immersive Lernerlebnisse zu schaffen, die langfristigen Einfluss im Arbeitsalltag bewirken?

Narrative spielen eine entscheidende Rolle beim Lernen, da sie eine Brücke zwischen abstrakten Konzepten und realen Erfahrungen schlagen. Durch Geschichten können komplexe Ideen veranschaulicht und verständlich gemacht werden. Statt trockener Fakten und Theorien bieten Geschichten eine emotionale Verbindung, die das Lernen erleichtert und das Erinnerungsvermögen verbessert. Wenn wir uns in eine Geschichte vertiefen, sind wir aufmerksamer und nehmen Informationen besser auf. Das Gehirn ist evolutionär darauf programmiert, Geschichten zu verarbeiten und daraus Bedeutung abzuleiten. Schon seit Urzeiten erzählen sich Menschen Geschichten, sei es am Lagerfeuer oder mittels Märchenbücher.

Storytelling ist der Königsweg.

Im Arbeitsalltag ist es oft eine Herausforderung, das erlernte Wissen tatsächlich anzuwenden und nachhaltig zu integrieren. Hier kommt die Kraft des Storytellings ins Spiel. Indem wir Lerninhalte in Form von Geschichten präsentieren, schaffen wir eine Verbindung zwischen dem Gelernten und realen Situationen. Durch die Identifikation mit den Inhalten, mit Personen und deren Erfahrungen können die Lernenden das Wissen besser internalisieren und auf ihre eigenen Aufgaben und Herausforderungen übertragen. So entstehen echte Kompetenzen vor allem durch Vorbilder und ihre inspirierende Wirkung auf die Lernenden.

Darüber hinaus fördert Storytelling die Kreativität und die Fähigkeit zur Problemlösung. Indem wir Lerninhalte in spannende Geschichten verpacken, regen wir die Fantasie an und ermutigen die Lernenden, neue Perspektiven einzunehmen. Durch das Eintauchen in verschiedene Szenarien und die Betrachtung von Herausforderungen aus verschiedenen Blickwinkeln werden sie besser in der Lage sein, innovative Lösungen zu finden und sich flexibel an neue Situationen anzupassen.

Narrative sind die Klammer einer Lernkulturstrategie.

Unter einer Lernkulturstrategie verstehen wir ein handlungsleitendes Konzept, welches darauf abzielt, eine positive Lernumgebung und eine Kultur des kontinuierlichen, agilen Lernens in einer Organisation zu fördern. Sie umfasst Maßnahmen und Initiativen, die darauf abzielen, das Lernen und die persönliche Entwicklung der Mitarbeitenden zu unterstützen und zu stärken. Eine effektive Lernkulturstrategie legt den Fokus auf die Schaffung eines Lernumfelds, das offen, förderlich und motivierend ist, und zielt darauf ab, die individuellen Lernbedürfnisse zu berücksichtigen und zu fördern.
Lernkultur wird bei uns umfassend gedacht und beschreibt die Gesamtheit aller Einstellungen, Haltungen, Konventionen, Werte, Praktiken und Prozesse, die das Lernen in einer Organisation fördern und prägen. Damit geht Lernkultur über die formellen Qualifizierungsangebote weit hinaus. Es kommen ganz neue Fragen in den Blick, die das Lernen im Unternehmen prägen – positiv, indem sie Lernen fördern, oder negativ, indem sie das Lernen hemmen.

Ein Narrativ kann für diese Zielvorstellung von Lernen eine Strukturgebende und inspirierende Klammer darstellen, da Narrative insbesondere die Art und Weise beeinflussen, wie Personen auf sich selbst und ihre Entwicklung, ihre Arbeit und die Organisation, in der sie arbeiten, blicken, wie sie die Gegebenheiten interpretieren und Erlebnissen Bedeutung verleihen. Ein Narrativ ermöglicht es den Mitarbeitenden und der Gemeinschaft (also dem Team und allen, die zur Organisation gehören), eine gemeinsame Identität zu entwickeln. Durch die Erzählung von Geschichten über die bisherigen Erfolge, Werte und Ziele entsteht ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Zusammenhalts. Diese gemeinsame Identität prägt das Verhalten, die Normen und die Werte und ist damit wesentlich dafür, wie die Mitarbeitenden auf das Lernen blicken und sich entsprechend beim Lernen verhalten (werden).

Ein Narrativ ist Sinnstiftend und erzeugt eine Vorstellung von Zweck. Es stellt eine Antwort auf die grundlegende Frage bereit “Was und warum sollten wir wissen und können, um morgen auch erfolgreich zu sein?”. So werden Narrative nicht nur zum Aufmacher einer guten Geschichte, sondern ziehen sich wie ein roter Faden durch alle Aktivitäten des Lernens, denn sie werden so zu einem Mittel, um Wissen, Erfahrungen und Können zwischen Mitarbeitenden weiterzugeben. Durch Geschichten werden Ereignisse, Erfolge und Misserfolge übermittelt. Dies ermöglicht es auch, zum Beispiel aus Fehlern zu lernen, sich weiterzuentwickeln und eine Art kollektive Weisheit aufzubauen.

Weil insbesondere das gemeinsame Arbeiten und Lernen immer relevanter wird, ist auch hier die Wirkung von Narrativen nicht zu unterschätzen: Narrative fördern den Zusammenhalt und die Solidarität innerhalb eines Teams oder der Organisation insgesamt. Sie können auch dazu beitragen, Barrieren zu überwinden, indem sie Empathie, Verständnis und Respekt für die Vielfalt fördern. Gerade im Bereich Lernen, wo viele überkommene Mythen und Vorurteile noch immer das Denken vieler beeinflussen, können Narrative dazu beitragen, dass sich Mitarbeitende als souverän Lernende begreifen und Zutrauen in die eigene Entwicklungsfähigkeit erlangen.

Ein Narrativ zeigt damit als Handlungsleitfaden seinen unmittelbaren Einfluss auf das Verhalten der Mitarbeitenden, auf das das Lernen und alle Lernanstrengungen von “Learning & Development”-Abteilungen abzielen.

Narrative in Lernprozessen einbinden. So kann es gelingen.

Erfolgreiches Storytelling für das Lernen erfordert eine gezielte Herangehensweise, um das volle Potenzial von Narrativen auszuschöpfen. Hier sind einige praktische Tipps, wie man gutes Storytelling im Lernprozess umsetzen kann:

  1. Identifikation mit Personen: Schaffe Charaktere, Orte und Events, mit denen sich die Lernenden identifizieren können. Dadurch entsteht eine emotionale Bindung, die das Interesse und die Aufmerksamkeit aufrechterhält.

  2. Spannung einbauen: Eine gute Geschichte braucht Herausforderungen. Die besten Geschichten sind facettenreich, auch mal überraschend. Sie halten die Lernenden engagiert und motiviert, da sie wissen wollen, wie es weitergeht. Die Herausforderungen, um die es geht, können die relevanten Lerninhalte reflektieren und deren praktische Anwendung verdeutlichen.

  3. Echtheit und Relevanz: Narrative sollten authentisch sein und einen direkten Bezug zum Lerninhalt aufweisen. Die Lernenden sollten erkennen können, wie die erlernten Konzepte und Fähigkeiten in realen Situationen angewendet werden können.

  4. Einbezug der Lernenden: Um das Lernerlebnis interaktiv zu gestalten, können die Lernenden aktiv in die Geschichte einbezogen werden. Interaktion fördert das Engagement und die aktive Auseinandersetzung mit dem Inhalt.

  5. Mehrere Sinne ansprechen: Nutze verschiedene Medien, um das Narrativ immer wieder lebendig zu gestalten. Durch den Einsatz mehrerer Sinne wird das Lernerlebnis intensiver und nachhaltiger.

  6. Reflexion ermöglichen: Ein gutes Narrativ schafft es nicht nur, dass die lernende Person Inhalte konsumiert, sondern bewirkt zudem, dass durch Selbstreflexion die Relevanz eines zu lernenden Themas individuell erfasst wird und daraufhin eine proaktive Auseinandersetzung damit erfolgt, wie die Implementierung des Gelernten in den Arbeitsalltag aussehen könnte.

Fazit.

Narrative haben eine immense Bedeutung für das Lernen, da sie es ermöglichen, komplexe Informationen zu vermitteln und eine emotionale Verbindung zu der jeweiligen Lern-Thematik herzustellen. Mit gutem Storytelling können immersive Lernerlebnisse geschaffen werden, die nachhaltig im Arbeitsalltag wirken.

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